Wach auf, mein Herz, und denke
19. November 1995 bis 15. Januar 1996
Eine deutsch-polnische Ausstellung zur Geschichte der Beziehungen zwischen Schlesien und Berlin-Brandenburg
Schlesien liegt im Südwesten Polens, Berlin-Brandenburg im Osten Deutschlands. Die Bewohner beider Regionen sind einander heute fremd – nicht nur, weil sie verschiedene Sprachen sprechen. Ein gutnachbarschaftliches Verhältnis muss sich erst herausbilden. Zu stark wirkt das Trennende dieses Jahrhunderts. Es gibt aber auch Verbindungen, an die es sich lohnen könnte, heute anzuknüpfen.
Fünfzig Jahre nach Kriegsende haben Polen und Deutsche gemeinsam eine Ausstellung vorbereitet, die die Geschichte der beiden Regionen seit 1740 nachzeichnete. Die Ausstellungsmacher gehörten der Nachkriegsgeneration an. Ihre Lehrbücher in den Schulen unterschieden sich. Wenn es um die politische Zuordnung Schlesiens ging, lernten die einen "zur Zeit unter polnischer Verwaltung", die anderen "wiedergewonnenes Gebiet". Die Ausstellung entstand im Rahmen eines zweijährigen interregionalen Dialogs über die Lücken in der gängigen Geschichtsdarstellung beider Seiten. Sie wollte dazu beitragen, die weißen Flecken mit Farbe zu füllen, und griff deshalb Themen auf, die bisher stark emotionalisiert waren: die Teilung Oberschlesiens 1921, der Überfall auf Polen 1939, polnische Zwangsarbeiter in Berlin, Brandenburg und Schlesien, Flucht und Vertreibung, die Neubesiedlung Schlesiens, Aussiedler und Asylsuchende.
Im Vordergrund der Ausstellung standen Menschen, deren Schicksal mit diesen Regionen verbunden war, angefangen bei schlesischen Dienstmädchen, Landarbeitern, Studenten und Kaufleuten in Berlin-Brandenburg bis hin zu Berliner Kurgästen im Riesengebirge. Den Hintergrund bildete die Darstellung des allgemeinen Geschichtsverlaufs. Das vormals enge, wenn auch nicht immer einfache Verhältnis zwischen Schlesien, Brandenburg und Berlin zerbrach in unserem Jahrhundert. Nationalismus, die Verbrechen der Nazis, Krieg und Vertreibung haben es zerstört. Ressentiments sind im Verhältnis von Deutschen und Polen auch heute keine Ausnahme. Die Aufforderung "Wach auf, mein Herz, und denke", die der schlesische Dichter Andreas Gryphius nach dem Dreißigjährigen Krieg an seine Mitmenschen richtete, ist deshalb jetzt so aktuell wie damals.
Zur Ausstellung ist ein zweisprachiges Begleitbuch mit 600 Seiten und 400 Abbildungen erschienen.
Die Ausstellung wurde in acht Städten gezeigt:
Breslau/Wroclaw September bis November 1995
Berlin: Kunstamt Kreuzberg/Kreuzberg Museum November 1995 bis Januar 1996
Potsdam Januar bis März 1996
Osnabrück Mai bis Juni 1996
Görlitz Juli bis August 1996
Beuthen/Bytom September bis November 1996
Kattowitz/Katowice März bis Mai 1997
Frankfurt (Oder) Juni bis Juli 1997
Kontakt:
Gesellschaft für interregionalen Kulturaustausch e.V.
Vorsitzende: Ellen Röhner
Adalbertstraße 95 A
D-10999 Berlin
Tel: 030/616 098 97