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Stolpersteine in Remembrance of the Victims of National Socialism

Stolpersteine or "stumbling stones" are cobblestones inserted into the sidewalks of the former residences of victims of the Nazi regime, which provide brief information about the fates of these victims. Over 800 Stolpersteine have been produced and installed in the district of Friedrichshain-Kreuzberg by Gunter Demnig, the initiator of the project. In order to insert Stolpersteine in the sidewalks of as many relevant Friedrichshain and Kreuzberg apartment buildings as possible, sponsors willing to finance the production of one such Stolperstein for 120 € each are needed. The district of Friedrichshain-Kreuzberg provides funding for Stolpersteine to victims of the Nazis upon application by living relatives or descendants.
 

More information can be found at:

Stolpersteinprojekt für Friedrichshain-Kreuzberg
Astrid Schiemann
Office hours: Wed. 10 a.m.-4 p.m., tel. 030 50 58 52 45
stolpersteinefhxb-museum.REMOVE-THIS.de

In the www.stolpersteine-berlin.de portal, you can find out where Stolpersteine have been installed in Friedrichshain and Kreuzberg by searching under the category "places and biographies". Here, you will find short biographies of the victims. This part of the portal is continually updated and expanded, making it possible for visitors to the site to get comprehensive information about the Stolpersteine project in Berlin.   

Vergangene Stolpersteinverlegungen

Stolpersteinverlegungen in Friedrichshain-Kreuzberg

Sonntag, 8. Oktober 2023 I10:40 Uhr und 11:25 Uhr

Der Künstler Gunter Demnig verlegt am 8. Oktober 2023 neun weitere Stolpersteine in Friedrichshain-Kreuzberg. Bisher sind im Bezirk rund 1.000 Stolpersteine verlegt worden.

 

Um 10:40 Uhr werden in der Alten Jakobstraße Str. 134 fünf Stolpersteine für Joseph und Stefanie Boholle sowie Josefa, Cornelis und Peter van der Want verlegt, die hier von ca. 1939 bis 1943 lebten.

Dies sind die ersten Stolpersteine zum Gedenken an Schwarze Menschen, die in Friedrichshain-Kreuzberg verlegt werden. Die Erfahrungen Schwarzer Menschen im Nationalsozialismus fehlen bis heute nahezu gänzlich im öffentlichen und historischen Gedächtnis – aber die Beweise sind eindeutig: Schwarze Menschen wurden von den Nationalsozialisten verfolgt.

Josef Bohinge Boholle wurde 1880 in Kribi, Kamerun geboren. 1896 kam er als Teilnehmer der Berliner Kolonialausstellung nach Berlin. Nach der Ausstellung begann Josef eine Ausbildung bei einem Bernsteinmeister in Danzig (Gdansk) und ließ sich anschließend in Berlin nieder. Hier arbeitete er als Zimmermann. Er und seine Partnerin Stephanie heirateten 1909. Stephanie (*1885, geb. Urbanowski) kam aus Lodz (damals ein Teil von Russland) und arbeitete als Aufwärterin (frühere Bezeichnung für Haushälterin). Das Paar bekam drei Kinder Josefa Luise (*1907), Rudolf Bohinge (*1910) und Paul Artur (*1911), um deren Erziehung sich Stephanie kümmerte.

Josef bemühte sich für sich und seine zwei Söhne 1926 um die deutsche Staatsbürgerschaft, auch Tochter Josefa bewarb sich. Sie war mittlerweile eine Tänzerin mit zunehmender Bekanntheit. Da sie als Künstlerin ins Ausland reisen wollte, war für sie der Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft von großer Bedeutung. 1928 erhielten die Boholles die deutsche Staatsbürgerschaft. Sie gehörten zu den wenigen afro-deutschen Familien, deren diesbezügliche Bemühungen erfolgreich war. Die Söhne Rudolf und Paul heirateten 1932 bzw. 1934 und gründeten eigene Familien. Josefa heiratete 1934 den Deutschen Julius Schulte. Die Ehe wurde 1942 geschieden.

Im Verlauf der 1930er Jahre arbeiteten die drei Kinder der Boholles im Showgeschäft. Ihre Beschäftigungsmöglichkeiten wurden zunehmend begrenzt durch die nationalsozialistische Politik, die den deutschen Kulturbereich kontrollierte und die Möglichkeit von „Nicht-Ariern“ beschränkte, öffentlich aufzutreten. Alle drei waren kurze Zeit Teil der durch die Nationalsozialisten geförderten sogenannten „Deutschen Afrika-Schau“. Auch Josef trat dort auf. 1935 wurde der Staatsbürgerstatus der Boholles einer strengen Prüfung durch die Berliner Polizei unterzogen.  Die Familie konnte den Status als deutsche Staatsbürger behalten – wahrscheinlich lagen außerordentliche Umstände vor, nämlich Josefs kolonialer Hintergrund in Zusammenhang mit der Hoffnung des nationalsozialistischen Deutschlands, die Vereinbarungen des Versailler Vertrages zu revidieren. Das mag erklären, warum Josefa als sogenannte „Nicht-Arierin“ den niederländischen Variete-Artisten Cornelis van der Want im August 1943 heiraten konnte, obwohl dies den Bestimmungen der „Nürnberger Gesetze“ widersprach. Das Paar hatte bereits einen Sohn, Peter (*1939).

Im März 1943 wurde das Haus in der Alten Jakobstraße 134 bei einem Bomberangriff der Alliierten zerstört. Josefa, Cornelis, ihr Sohn Peter und Stephanie zogen nach Bromberg (heute Bydgoszcz/ Polen), wohin Cornelis bestellt wurde, um eine Dienstverpflichtung als Bühnenarbeiter zu erfüllen. Josef scheint nicht mitgegangen zu sein. Wahrscheinlich war er zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben. In Bromberg wurden Cornelis und Josefa im November 1944 von der Gestapo wegen „Abhörens von feindlichen Sendern“ verhaftet. Möglicherweise waren aber ihre sogenannte „Mischehe“ und Cornelis Verbindungen zu Widerstandsgruppen ausschlaggebend. Beide kamen ins Konzentrationslager Stutthof. Wenige Wochen später wurde auch Stephanie verhaftet, die Begründung dafür ist nicht bekannt. Ihr vierjähriger Enkel Peter blieb allein in der Familienwohnung zurück. Nachbarn halfen ihm, indem sie Familienangehörige oder Freunde der Familie kontaktierten – wen genau, ist nicht mehr rekonstruierbar.

Stephanie Boholle überlebte nicht. Unbekannt ist, ob sie im Gestapo-Gefängnis in Bromberg starb oder ins KZ Stutthof deportiert wurde. Cornelis, Josefa und ihr Sohn Peter überlebten diesen Leidensweg. Josefa starb am 2. Juni 1955 an den chronischen Erkrankungen, die von ihrer Zeit im Konzentrationslager Stutthof herrührten. Ihre Brüder Paul und Rudolf Boholle überlebten.

Die Lebensgeschichten von Menschen, die im kolonialen Kontext nach Berlin gekommen und mitunter auch im NS-Deutschland geblieben sind, wurden in der Ausstellung „TROTZ ALLEM. Migration in die Kolonialmetropole Berlin“ (2022-2023; eine Kooperation des Projekts Dekoloniale Erinnerungskultur in der Stadt und des FHXB Friedrichshain-Kreuzberg Museums) thematisiert. Dabei standen die Erfahrungen der Familie Boholle und die von fünf weiteren Familien im Mittelpunkt.

Diese Stolpersteinverlegung wird unterstützt und begleitet von Berlin Postkolonial e.V., der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) e.V. und Musiker:innen von „Sauti é Haala“. Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann wird bei dieser Verlegung teilnehmen.

Recherche und biografische Zusammenstellung: Robbie Aitken, Historiker.

 

In der Reichenberger Straße 86 wird um 11:25 Uhr mit der Verlegung von vier Stolpersteinen Sally, Frida, Kurt und Hildegard Fabian gedacht. Die jüdische Familie lebte hier bis zu ihrer Auswanderung 1933/34.

Sally Fabian (*1872 in Neustettin / Pommern) studierte in Würzburg Medizin, ließ sich dann in Berlin nieder und gründete 1908 in der Reichenberger Straße 86 eine eigene Praxis. Im selben Jahr heirateten er und Frida Simon (*1886 in Dresden). Das Ehepaar bekam 2 Kinder: Kurt (*1909) und Hildegard (*1913).
Aufgrund der zunehmenden Entrechtung und Verfolgung von Jüdinnen*Juden seit 1933 entschloss sich die Familie auszuwandern: Hildegard Fabian verließ Deutschland schon 1933 und ging nach Paris. Dort heiratete sie den deutsch-jüdischen Flüchtling Gerhard Spiegel und wanderte mit ihm 1938 in die USA aus. Kurt Fabian emigrierte 1934 nach Brasilien, nachdem er sein Jura-Studium aufgrund seiner jüdischen Abstammung in Berlin nicht abschließen konnte. Dr. Sally Fabian und seine Frau Frida flohen 1934 nach Frankreich und folgten ihrem Sohn 1935 nach Brasilien.
1946 siedelten Sally und Frida Fabian zu ihrer Tochter nach Glencoe, einem Vorort der US-Metropole Chicago über, wo Dr. Sally Fabian 1948 starb. Seine Frau Frida kehrte 1964 nach Berlin zurück und starb dort ein Jahr später.
Kurt war bereits 1947 nach Berlin zurückgekehrt, schloss sein Jura-Studium ab und war bis zu seiner Pensionierung Richter am Amtsgericht Zehlendorf. Dr. Kurt Fabian verstarb 1979 in Berlin, Hildegard Spiegel 2014 in den USA.

Recherchen und biografische Zusammenstellung:  Christiana Hoppe, Stolperstein-Initiative Friedrichshain-Kreuzberg

 

Stolpersteine, deren Verlegung von Angehörigen oder Nachfahren von Opfern des Nationalsozialismus initiiert wird, finanziert seit 2017 das Bezirksamt. Dieses Vorgehen hat die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg mit einem Beschluss (DS/0417-15/V) bekräftigt.

 

 

Stolpersteinverlegungen in Friedrichshain-Kreuzberg

Mittwoch, 30. August 2023 I 10.25 Uhr und Donnerstag, 31. August 2023 I ab 13.20 Uhr

Im August werden 10 weitere Stolpersteine verlegt. Bisher sind im Bezirk rund 1.000 Stolpersteine verlegt worden.                                     

 

Am Mittwoch, 30. August 2023 werden um 10:25 Uhr in der Petersburger Str. 31 vier Stolpersteine für Simon, Rosa, Regina und Margot Altkorn verlegt.

Im Haus Petersburger Straße 31 (früher Nr. 36) wohnte die jüdische Familie Altkorn. Rosa (*1883), geb. Schwimmer, und ihr Mann Simon (*1887) kamen in einem galizischen Dorf in der Nähe von Lemberg (damals Habsburgerreich, heute Lwiw im Westen der Ukraine) zur Welt. Um 1910 zog das Ehepaar nach Berlin, wo die beiden Töchter geboren wurden: Regina (*1912) und Margot (*1913). Die Familie lebte im Laufe der Jahre an verschiedenen Adressen in Friedrichshain. Simon Altkorn verdiente als Kaufmann den Lebensunterhalt der Familie, zunächst als Eierhändler, später als Textil-Kaufmann. Seit etwa 1935 wohnten die Altkorns in der Petersburger Straße 36.
Da Juden und Jüdinnen seit 1933 von den Nationalsozialisten zunehmend entrechtet und verfolgt wurden, wanderten die Töchter 1936 aus: Regina emigrierte nach Palästina, Margot nach Spanien und von dort 1939 nach Frankreich. Simon Altkorn wurde aufgrund seiner polnischen Staatsangehörigkeit Ende Oktober 1938 nach Polen ausgewiesen. Er zog zurück nach Lemberg. Im Sommer 1939 bekam er eine Einreiseerlaubnis, um seine Frau, die krank in Berlin zurückgeblieben war, zu sich zu holen. Simon und Rosa Altkorn hofften, von Lemberg nach Palästina auswandern zu können. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs verliert sich aber ihre Spur und es ist davon auszugehen, dass sie zu einem unbekannten Zeitpunkt ermordet wurden.

Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann wird bei dieser Verlegung teilnehmen.

 

 

Am Donnerstag, 31. August 2023 werden von 13:20 Uhr bis 14:55 Uhr weitere Stolpersteine verlegt.

In der Hagelberger Straße 21 wird um 13:20 Uhr mit der Verlegung eines Stolpersteins Käte Rogalli gedacht.

 

Käte Rogalli kam 1903 in Berlin zur Welt, bei der Geburt wurde ihr das männliche Geschlecht zugeschrieben. Sie arbeitete später als technische Zeichnerin und Feinmechanikerin. Am Arbeitsplatz wurde Käte häufig für „ein Mädchen in Männerkleidung“ gehalten und verlor wegen Diskriminierung ihre Anstellungen. Käte identifizierte sich selbst als Transvestit (damals geläufige Bezeichnung für trans Personen) und wünschte sich, als Frau anerkannt zu werden. 1924 beantragte sie eine Namensänderung, die ihr 1928 genehmigt wurde, jedoch nicht auf ihren Wunschnamen Käte.
Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 wurden auch Homosexuelle und trans Personen verfolgt. Käte wurde mehrmals wegen des Tragens von Frauenkleidung denunziert. Ende 1936 wurde Käte der sogenannte „Transvestitenschein“ von der Gestapo entzogen und sie wurde gezwungen, Männerkleidung zu tragen, was sie nachhaltig traumatisierte. Kurz danach wurde sie 1936 wegen Tragen von Frauenkleidung vier Wochen in sogenannte „Schutzhaft“ genommen. Bald darauf folgte die nächste Denunzierung und Verhaftung. Vom 27. Mai 1937 bis 22. März 1938 war sie im KZ Sachsenhausen inhaftiert. Dann wurde sie 1938 in einem Gerichtsverfahren wegen „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ zu zwei Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Sie wurde nach Bayern überstellt und musste dort beim Bau der sogenannten „Ostmarkstraße“ arbeiten. Nach der Entlassung aus der Haft 1940 lebte Käte in der Hagelberger Straße 21. 1941 wurde sie wieder festgenommen und vor Gericht wurde ihr von einem psychiatrischen Gutachter die Zurechnungsfähigkeit abgesprochen.  Käte wurde in die Wittenauer Heilstätten (heute Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik) zwangseingewiesen. Ein weiteres Gutachten machte ihre Hoffnung zunichte, bald aus der Psychiatrie entlassen zu werden. Käte Rogalli wurde am 11. April 1943 in der Toilette erhängt aufgefunden.

 

 

Mit der Verlegung von Stolpersteinen um 13:55 Uhr am Fraenkelufer 30 wird an Jona und Auguste Kurzberg erinnert.

 

Jona Kurzberg kam 1879 in Kolomea in Galizien (heute im Westen der Ukraine gelegen, gehörte bis 1918 zur Habsburgermonarchie) zur Welt. Er übersiedelte zu einem unbekannten Zeitpunkt nach Berlin und heiratete dort 1913 Auguste Hennig (*1881 in Neumark/ Westpreußen). Beide gehörten der jüdischen Religionsgemeinschaft an. Er war als Kaufmann tätig und sie als Buchhalterin.
In der Oranienstraße 160 eröffnete das Ehepaar eine Maßschneiderei für Damen und Herren. Das Geschäft florierte und ermöglichte ihnen einen gutbürgerlichen Lebensstandard. Sie betrieben zeitweise noch eine Filiale in der Chausseestraße in Mitte. Die Kurzbergs bezogen um 1933 eine 4-Zimmer-Wohnung im Haus Kottbusser Ufer 56a (1937 umbenannt und neu nummeriert in Thielschufer 30, heute Fraenkelufer 30).

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden und Jüdinnen seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen Jona und Auguste Kurzberg. Ende der 1930er Jahre verloren sie ihr Geschäft durch die sogenannte „Arisierung“ (Enteignung oder erzwungener Verkauf, meist unter Wert). Jona Kurzberg wurde am 22. September 1939 im KZ Sachsenhausen inhaftiert, wurde aber wieder entlassen. Anschließend musste er als Bügler Zwangsarbeit leisten. Auch die Wohnung am Fraenkelufer 30 musste das Ehepaar aufgeben, so dass sie ab Mai 1941 zur Untermiete im Haus Kottbusser Damm 28 lebten.
Am 28. März 1942 wurden Jona und Auguste Kurzberg mit dem sogenannten „11. Osttransport“ nach Piaski (heute im Osten Polens gelegen) deportiert. Auguste Kurzberg starb im dortigen Ghetto vermutlich an Hunger, Entkräftung oder Krankheit. Jona Kurzberg wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt im 10 km entfernten Trawniki ermordet, wahrscheinlich war er in das dort befindliche Zwangsarbeiterlager verlegt worden.

 

 

Zur Erinnerung an Fritz Dubinsky wird um 14:30 Uhr in der Manteuffelstraße 28 ein Stolperstein verlegt.

 

Fritz Dubinsky wurde 1907 in Berlin geboren. Er besuchte bis zum 14. Lebensjahr die Gemeindeschule in der Reichenberger Straße. Mit 16 Jahren kam er, nach Auseinandersetzungen mit dem neuen Mann seiner Mutter, in die Erziehungsanstalt Lindenhof in Berlin-Lichtenberg, später in das etwa 140 km östlich von Berlin gelegene Erziehungsheim in Berlinchen (heute Barlinek in Polen). Danach verdiente Fritz Dubinsky seinen Lebensunterhalt mit Gelegenheitsarbeiten, war zeitweise auch arbeitslos oder arbeitsunfähig, da er unter Rheumatismus litt. Ende der 1930er Jahre wohnte er in der Manteuffelstraße 28.
Fritz Dubinsky war homosexuell. Bereits 1932 und 1935 waren aufgrund seiner sexuellen Orientierung gegen ihn Verfahren wegen des Verstoßes gegen den §175 anhängig gewesen, diese wurden jedoch mangels hinreichender Beweise eingestellt. Der Paragraph 175 stellte sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts unter Strafe und ermöglichte die Verfolgung Homosexueller. Die Nationalsozialisten verschärften diese Bestimmungen 1935.

Fritz Dubinsky wurde Ende der 1930er Jahre die Liebe zum Verhängnis. Er wurde im März 1939 festgenommen und im Juli 1939 zu einer Strafe von einem Jahr Gefängnis verurteilt, die er in Tegel verbüßte. Nach der Haftentlassung im Mai 1940 zog Fritz Dubinsky zu seiner Mutter nach Friedrichshain und musste als Wachmann in einem Zwangsarbeiterlager in Berlin-Grunewald arbeiten. Ende 1944 sollte ihm erneut der Prozess gemacht werden und er kam Anfang November in Untersuchungshaft nach Moabit. Dort verstarb er am 3. Januar 1945 im Alter von 37 Jahren an einer Sepsis.

 

 

Um 14.55 Uhr wird an der Naunynstraße 60 Ignatz Tannenbaum und Lotte Wurmann gedacht.

 

Das jüdische Ehepaar Tannenbaum wohnte im Haus Naunynstr. 60 bis zu seiner Flucht vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten. Ignatz Tannenbaum kam 1909 in Berlin zur Welt, besuchte bis 1925 die Realschule in der Mariannenstraße und absolvierte dann eine Lehre als Kaufmann in einer Herrenkleiderfabrik in Mitte, wo er auch anschließend als kaufmännischer Angestellter beschäftigt war. Ignatz Tannenbaum war sportbegeistert und gehörte dem Handball-Team von Bar Kochba Berlin an, dem 1898 gegründeten ersten jüdischen Sportverein des deutschen Kaiserreichs.
Nach dem Tod des Vaters 1930 übernahm Ignatz dessen Eierhandlung in der Adalbertstr. 80, gab sie aber wegen des zunehmenden Boykotts jüdischer Geschäftsleute nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten bald auf. Ignatz Tannenbaum gründete 1934/35 mit einem Geschäftspartner einen Gebrauchtwagenhandel, der ihm ein gutes Einkommen sicherte. Um 1936 zog er in die Naunynstr. 60. Im Januar 1938 heirateten er und Lotte Wurmann (*1916 in Berlin), die als kaufmännische Angestellte tätig war.
Aufgrund der zunehmenden Entrechtung und Verfolgung von Juden und Jüdinnen entschied sich das Ehepaar auszuwandern. Ignatz und Lotte Tannenbaum verließen Berlin Anfang September 1938 und reisten nach Argentinien, wo sie sich in Buenos Aires niederließen. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten gelang es ihnen, sich dort eine Existenz aufzubauen. Das Ehepaar bekam 2 Söhne. Ignatz Tannenbaum starb 1982, Lotte Tannenbaum 2007 in Buenos Aires.

 

 

Recherchen und biografische Zusammenstellung:  Christiana Hoppe, Stolperstein-Initiative Friedrichshain-Kreuzberg

Recherche und biografische Zusammenstellung für Käte Rogalli: Kai* Brust

 

Stolpersteine, deren Verlegung von Angehörigen oder Nachfahren von Opfern des Nationalsozialismus initiiert wird, finanziert seit 2017 das Bezirksamt. Dieses Vorgehen hat die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg mit einem Beschluss (DS/0417-15/V) bekräftigt.

 

Stolpersteinverlegungen in Friedrichshain-Kreuzberg

Montag, 8. Mai 2023 I ab 14:30 Uhr; Mittwoch, 10. Mai 2023 I 16 Uhr; Donnerstag, 11. Mai I ab 9 Uhr

Am Montag, 8. Mai 2023 um 14:30 wurde in der Landsberger Allee 8 an Max Behrendt gedacht. Dort lebte er bis 1941.

Max Behrendt wurde 1910 geboren. Seine Mutter starb 1914. Als er 8 Jahre alt war, fiel sein Vater im Ersten Weltkrieg. Nach einer Zeit im Waisenhaus konnte Max eine Schuhmacherlehre absolvieren und arbeitete dann unter anderem bei Leiser in Berlin. 1939 verstarb seine erste Frau. Ein Jahr darauf lernte Max eine nichtjüdische Frau kennen. Die beiden blieben trotz der damaligen Rechtslage zusammen, was zur Denunziation und seiner Verhaftung am 16. Mai 1941 führte. Wegen sogenannter „Rassenschande“ zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt, kam Max Behrendt über das Gefängnis Plötzensee und weitere Zuchthäuser im April 1943 ins Stammlager des KZ Auschwitz. Im September 1943 wird in Ausschwitz eine Sterbeurkunde für den 32-jährigen ausgestellt, die genauen Umstände seines Todes sind unbekannt.

 

In der Barnimstraße 18 wurden um 15:30 zur Erinnerung an  Ottilie Reich und Michael Scharff Stolpersteine verlegt.  

Michael kam am 01.04.1938 als uneheliches Kind von Ottilie Reich, geb. Scharff und ihrem Lebensgefährten Bernhard Behrendt zur Welt. Die Familie lebte in angespannten Verhältnissen, auch weil der Kindsvater kurz nach der Geburt Michaels im Juni 1938 ins Konzentrationslager Buchenwald deportiert wurde und daher seinen Unterhaltsverpflichtungen nicht nachkommen konnte. Staatliche Mietzuschüsse wurden Ende 1939 für jüdische Familien gestrichen. Bernhard Behrendt wurde zwar nach ca. 7 Monaten aus dem KZ Buchenwald entlassen, musste aber dann Deutschland verlassen. Auf sich allein gestellt, lebte Ottilie Reich mit ihrem Sohn in der Gegend in unterschiedlichen Sozialwohnungen unter prekären Bedingungen. In einem Pflegebericht vom 12. August 1942 wurde Michael Scharff eine normale und gute körperliche Entwicklung attestiert. Er ist ein »aufgeweckter, intelligenter Junge«, heißt es im Bericht. Michael wurde tagsüber im Kindergarten, Friedenstraße 3, betreut, während seine Mutter im Arbeitseinsatz war. Ein halbes Jahr später, am 26. Februar 1943, wurden Ottilie Reich und ihr Sohn Michael Scharff mit dem 30. Transport von Berlin nach Auschwitz deportiert, wo sie ermordet wurden.

 

Diese Stolpersteine wurden von einer Angehörigen initiiert.
Recherchen & biografische Zusammenstellung: Schüler*innen der Heinz-Brandt-Schule, Berlin-Weißensee

 

Am Mittwoch, 10. Mai 2023 wurden um 16:00 Uhr in der Barnimstraße 12 vier Stolpersteine für Samuel, Jenny, Dorothea und Inge Blumenstein verlegt.


Die jüdische Familie Blumenstein lebte bis zu ihrer Auswanderung in der Barnimstr. 12. Samuel Blumenstein kam 1896 in Sławków (Russisches Kaiserreich) zur Welt. Er erlernte den Beruf des Schneiders und übersiedelte nach dem Ersten Weltkrieg nach Berlin. 1925 heirateten er und Jenny, geb. Brinewitsch (*1898 in Berlin). Das Ehepaar bekam zwei Töchter: Dorothea (*1926) und Inge (*1928). Um 1931 zog die Familie Blumenstein in die Barnimstr. 12. Samuel Blumenstein war Inhaber einer Betriebswerkstatt zur Anfertigung von Herrenkonfektion und beschäftigte mehrere Angestellte.
Da Juden und Jüdinnen seit 1933 zunehmend entrechtet und verfolgt wurden, versuchte das Ehepaar Ende der 1930er Jahre intensiv, ein Visum für beliebiges Land zu bekommen, um Deutschland verlassen zu können. Ende Mai 1939 wurde Samuel Blumenstein verhaftet und aufgefordert, bis Ende Juni 1939 das „Reichsgebiet“ zu verlassen. Es gelang seiner Ehefrau Auswanderungspapiere für Shanghai zu beschaffen und damit seine Freilassung zu erwirken. Die Familie verließ Berlin überstürzt am 20. Juni 1939.
In Shanghai lebte die Familie mit vielen anderen jüdischen Flüchtlingen aus Europa in engen, sehr einfachen Verhältnissen. Sie litten unter dem Klima, den dort grassierenden Krankheiten, wie Ruhr, und der unzureichenden Lebensmittelversorgung. Die Familie Blumenstein konnte Shanghai um 1950 verlassen und in die USA auswandern.

Die Stolpersteine für die Familie Blumenstein wurden von einem Angehörigen initiiert.


Am Donnerstag, 11. Mai 2023 wurden von 9:00 Uhr bis 13:50 Uhr weitere Stolpersteine verlegt.

In der Geibelstraße 2a wurde 9:00 Uhr mit der Verlegung eines Stolpersteins Jacques Goldberg gedacht.
Jacques Goldberg kam 1868 in Berlin zur Welt. Er wurde Kaufmann. 1893 heirateten er und Anna Meyer (*1867 in Danzig). Beide gehörten der jüdischen Religionsgemeinschaft an. Sie bekamen zwei Kinder: Charlotte (*1903) und Gustav (*1904). Jacques Goldberg verdiente den Lebensunterhalt der Familie zunächst als Geschäftsreisender. Seit etwa 1908 war er Redakteur und Mitinhaber der Verlagsbuchhandlung Ebner & Ungerer in der Prinzenstraße, ab 1922 war er außerdem Vertreter von Spinnerei-Erzeugnissen. Von 1911 an wohnten die Goldbergs in einer Vier-Zimmer-Wohnung im zweiten Stock der Geibelstr. 2a. Anna Goldberg starb im November 1932.
Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden und Jüdinnen seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Goldberg. Jacques Goldberg durfte seine Arbeit als Redakteur bei einer Zeitschrift ab 1934 nicht fortführen, seine Tätigkeit als Handelsvertreter von Spinnerei-Erzeugnissen beendete er 1936. Im September 1939 wurde die Wohnung mit dem größten Teil der Wohnungseinrichtung von der Gestapo beschlagnahmt. Jacques Goldberg musste in der Schmidstr. 3, in der Nähe des Michaelkirchplatzes, bei einer jüdischen Familie ein Zimmer zur Untermiete beziehen. Er wurde am 13. Januar 1942 mit dem „8. Osttransport“ nach Riga deportiert und ermordet. Seine Kinder überlebten die Shoah.
 

Mitglieder des Pelam-Forums initiierten diesen Stolperstein.

Mit der Verlegung eines Stolpersteines 9:30 Uhr in der Ritterstraße 36 wurde an Willi Zernik erinnert.
Willi Zernik kam 1881 in Breslau (Schlesien) in einer jüdischen Familie zur Welt. Er erlernte einen kaufmännischen Beruf und zog wahrscheinlich Mitte der 1910er Jahre nach Berlin. 1917 wohnte er in der Ritterstraße 97 und betrieb einige Häuser weiter, in der Ritterstr. 23, seit 1919 eine Lederwaren- und Taschenfabrik. Mitte der 1930er Jahre zog er mit seinem Lederwarenhandel in die Ritterstr. 36. Vermutlich hatte auch er unter dem zunehmenden Boykott jüdischer Geschäftsleute zu leiden, bis er sein Gewerbe schließlich aufgeben musste. Seit Mitte März 1940 bewohnte Willi Zernik als Untermieter ein Zimmer in der Alten Jakobstr. 171 und war zur Arbeit bei einem Straßenbau- und Holzpflaster-Unternehmen zwangsverpflichtet. Er wurde am 28. März 1942 mit dem sogenannten „11. Osttransport“ nach Piaski deportiert. Hier verliert sich seine Spur.

Im kleinen Ort Piaski, 23 km südöstlich von Lublin gelegen, war Anfang 1940 ein Ghetto eingerichtet worden, in das mehrere tausend Jüdinnen und Juden aus dem Deutschen Reich verschleppt wurden. Wer nicht bald an Hunger, Entkräftung oder Krankheiten starb, wurde in eines der Vernichtungslager deportiert und dort ermordet.

 

Ein engagierter Kreuzberger initiierte den Stolperstein für Willi Zernik.
 

Zur Erinnerung an Rosa Kroch, Gerda und Ulrich Simon-Süßmann wurden 9:55 Uhr in der Lobeckstraße 45 drei Stolpersteine verlegt.

Im Haus Brandenburgstraße (heute Lobeckstraße) 45 lebte bis zu ihrer Deportation die jüdische Familie Kroch / Simon-Süßmann. Rosa Kroch, geb. Baum, war 1877 in Berlin zur Welt gekommen. Sie und Richard Kroch heirateten 1902. Er war Inhaber der chemischen Fabrik „Zündnelke“, in der u.a. Taschenfeuerzeuge, Gasanzünder und elektrische Fahrradlampen hergestellt wurden. Das Paar bekam drei Kinder: Elfriede (*1903), Gerda (*1911) und Max Heinz (*1916). Um 1927 erwarb Richard Kroch das Haus Brandenburgstr. 45, in das die Familie um 1933 einzog.

Auch die Familie Kroch litt unter Zwangsmaßnahmen und zunehmender Entrechtung ab 1933. Als Richard Kroch 1934 starb, führte zunächst seine Frau Rosa Kroch die Fabrik weiter, bis diese 1939 „arisiert“ wurde. Die Tochter Gerda, in der Firma als Prokuristin tätig, heiratete 1935 den Bankvorsteher Ulrich Simon-Süßmann (*1893 in Halberstadt). Da er Jude war, wurde er bald entlassen.
Rosa Kroch wurde am 6. März 1943, Gerda und Ulrich Simon-Süßmann am 17. Mai 1943 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Rosas Sohn Max Heinz Kroch war mit seiner Ehefrau bereits am 14. Dezember 1942 nach Auschwitz verschleppt und ermordet worden. Die Tochter Elfriede war 1938 nach Belgien ausgewandert und überlebte die Shoah.
Pate für diese Stolpersteine ist die Evangelische Kirchengemeinde Kreuzberg.

 

In der Luckauer Straße 4 wurden 10:35 Uhr Stolpersteine für Elise, Hildegard und Hans Loewenthal verlegt.

Elise Blau kam 1877 in Berlin zur Welt. Ihr Vater besaß eine Lederwarenfabrik. Sie besuchte bis zum 16. Lebensjahr das Viktoria-Lyzeum in der Prinzenstraße. 1905 heiratete sie den jüdischen Kaufmann Paul Loewenthal (*1868 in Berlin). Das Paar bekam zwei Kinder: Hildegard (*1906) und Hans (*1911). Kurz darauf bezog die Familie eine 5-Zimmer-Wohnung in der Luckauer Str. 4. Paul Loewenthal betrieb seit 1910 in der Luckauer Str. 3 erfolgreich ein Wäscheverleihgeschäft. Er beschäftigte mehrere Angestellte und belieferte z.B. Druckereien, Hotels und Friseure. Das Geschäft florierte und ermöglichte der Familie einen hohen Lebensstandard. Nach dem Tod ihres Ehemannes 1926 führte Elise Loewenthal das Geschäft allein weiter.
Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 wurde Hans Loewenthal aufgrund seiner jüdischen Abstammung die Zulassung zum Medizinstudium an der Berliner Universität entzogen. Er wanderte Anfang 1939 nach England aus. Seine Schwester Hildegard verlor ihre Anstellung als Kinderhortnerin bei der Stadt Berlin, die sie jahrelang innegehabt hatte. Das Wäscheverleihgeschäft ihrer Mutter musste Ende 1938 geschlossen werden.
Elise Loewenthal wurde am 3. Oktober 1942 mit dem sogenannten „3. großen Alterstransport“ nach Theresienstadt deportiert. Dort kam sie am 30. März 1943 ums Leben. Ihre Tochter Hildegard wurde am 12. März 1943 mit dem sogenannten „36. Osttransport“ nach Auschwitz verschleppt und ermordet.

 

Die Stolpersteine wurden von einer Angehörigen initiiert.

Ein Stolperstein erinnert seit 11:15 Uhr an in der Köpenicker Straße 29 an Adelheid Goldberg.

Adelheid Josephsohn kam 1861 in Schwalgendorf (damals Ostpreußen, heute Polen) als Tochter eines jüdischen Kaufmanns zur Welt. Ende der 1870er Jahre übersiedelte die Familie nach Berlin. Adelheid heiratete 1883 den jüdischen Schneider Jacob Goldberg. Das Ehepaar bekam 9 Kinder: Rosa (1883–1884), Elsa (*1884), Martha (*1886), Arthur (1887–1922), Georg (*1889), Erna (*1890), Erich (*1892), Hertha (*1894) und James (*1897).
Seit 1900 lebten die Goldbergs im Prenzlauer Berg. Jacob Goldberg verdiente den Lebensunterhalt der Familie als Damenschneider und Adelheid kümmerte sich um den Haushalt und die Kinder. Jacob Goldberg starb 1927.
Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 wanderten Adelheids Kinder James, Martha und Elsa nach Palästina, England und Bolivien aus. Adelheid Goldberg lebte seit ca. 1938 mit ihren Söhnen Georg und Erich im Haus Felsendamm 11 (heute Bethaniendamm) in Kreuzberg. Das Gebäude existiert nicht mehr, dort befindet sich heute das Eckhaus Köpenicker Str. 29. Die 81-jährige Adelheid Goldberg wurde am 15. Dezember 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 19. Dezember ums Leben kam.
Ihre Tochter Erna wurde im November 1941 nach Riga deportiert und erschossen, Sohn Georg kam im KZ Bergen-Belsen ums Leben. Der Sohn Erich überlebte versteckt in Berlin, die Tochter Hertha wurde im Oktober 1943 in das KZ Ravensbrück verschleppt und überlebte.
 

Eine Angehörige initiierte den Stolperstein.


12:05 Uhr wurde für Gertrud Peters ein Stolperstein in der Auerstraße 40 verlegt.
Gertrud Schlochauer wurde 1880 in Berlin geboren. Ihr Vater, ein jüdischer Kaufmann, handelte mit Tee, Wein, Spirituosen und Konserven. Die Familie Schlochauer wohnte an verschiedenen Adressen in der Gegend um das Engelbecken in Kreuzberg und Mitte. Um 1914 zog Gertrud, die als Buchhalterin arbeitete, in die Graefestraße 21 in Kreuzberg. Sie heiratete 1932 den Kaufmann August Hermann Peters, geb. 1868 in Göttingen, und zog in die Wohnung ihres Mannes in der damaligen Richthofenstraße 11, heute Auerstraße 40. Hermann Peters starb im Oktober 1933, nur 1 ½ Jahre nach der Hochzeit.
Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Jüd*innen seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen Gertrud Peters. Die 62-jährige Gertrud Peters wurde am 13. Januar 1942 mit dem sogenannten „8. Osttransport“ vom Bahnhof Grunewald nach Riga deportiert und ermordet.


Der Stolperstein wurde von einem engagierten Anwohner finanziert.

 

Mit der Verlegung von zwei Stolpersteinen in der Kochhannstraße 38 um 12:40 Uhr wurde an Jeanette Caro und Therese Täubchen Caro gedacht.
Jeanette Caro (* 1877) und ihre Schwester Therese Täubchen (*1879) wurden in Rogasen (polnisch Rogoźno) in der damaligen preußischen Provinz Posen geboren. Ihr Vater war ein jüdischer Schneider. Als die Schwestern um 1900 mit ihrem Vater und den beiden Brüdern nach Berlin zogen, war die Mutter bereits verstorben. Die Familie Caro lebte zuerst unmittelbar östlich des Alexanderplatzes. Der Vater starb 1906, die vier Geschwister zogen um 1908 in die Wilhelm-Stolze-Straße 36, seit etwa 1912 wohnten sie dann in der Kochhannstraße 38.
Die beiden Brüder heirateten und zogen aus, Jeanette und Therese Täubchen Caro wohnten fast 30 Jahre im ersten Stock des Hauses Kochhannstraße 38. Jeanette verdiente ihren Lebensunterhalt als Schneiderin.
Die Schwestern Caro litten auch zunehmend unter der Entrechtung und Verfolgung von Jüd*innen seit 1933. Sie mussten ihre Wohnung in der Kochhannstraße 38 aufgeben und wohnten zuletzt zur Untermiete in der Alexanderstraße 53 in Mitte.
Jeanette und Therese Täubchen Caro wurden am 26. September 1942 mit dem sogenannten „20. Osttransport“ nach Raasiku bei Tallinn (Estland) deportiert und wahrscheinlich direkt nach der Ankunft in einem nahegelegenen Waldgebiet erschossen.


Ein engagierter Anwohner hat die Stolpersteine initiiert.


Drei Stolpersteine in der Pauline-Staegemann-Straße / Ecke Mollstraße 29, 13:15 Uhr erinnern an Bruno und Gertrude Striem sowie Herbert Less.

Bruno Striem kam 1899 in Tomice in der damaligen preußischen Provinz Posen als Sohn eines jüdischen Kaufmanns zur Welt. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs zog er nach Berlin und lebte zunächst in der Georgenkirchstraße 29. Bruno Striem verdiente seinen Lebensunterhalt mit dem An- und Verkauf von Fellen und Pelzabfällen. 1941 heirateten er und Gertrude Less, geb. Preuss, geb. 1897 in Schloppe (damals Westpreußen). Sie war ebenfalls jüdisch, seit 1931 verwitwet und brachte den Sohn Herbert Less (*1924) mit in die Ehe.

Die drei lebten zusammen in einer Wohnung in der Gollnowstraße 37. Diese Straße, die die Bezirksgrenze zwischen Mitte und Friedrichshain bildete, existiert seit 1963 nicht mehr. Sie begann an der Neuen Königstraße (heute Otto-Braun-Straße) und verlief in etwa dort, wo sich die Mollstraße heute befindet.
Um 1938/39 musste Bruno Striem sein Gewerbe einstellen und Zwangsarbeit in einer Bürstenfabrik verrichten.
Bruno und Gertrude Striem sowie Herbert Less wurden am 28. März 1942 mit dem sogenannten „11. Osttransport“ nach Piaski deportiert. Hier verliert sich ihre Spur. Wer im dortigen Ghetto nicht an Hunger, Entkräftung oder Krankheiten starb, kam zum Weitertransport in ein Vernichtungslager und wurde dort ermordet.

 

Diese Stolpersteine wurden von einem Angehörigen initiiert.


In der Georgenkirchstraße 4 und 5 wurden 13:50 Uhr Stolpersteine für Julius Preuss und Kurt Schwarz verlegt.
Julius Preuss kam 1889 in Schloppe (damals Westpreußen), etwa 100 km südöstlich von Stettin gelegen, als Sohn eines jüdischen Handelsmanns zur Welt. Er hatte noch sechs Schwestern. Um 1900 übersiedelte die Familie nach Berlin.
Julius Preuss absolvierte eine Kürschnerlehre und machte sich 1909 selbstständig. Gisela Lebl, geb. 1898 in Settenz (Böhmen) und er heirateten 1923. Sie war katholisch. Um 1934 zogen sie in eine 3 ½-Zimmer-Wohnung in der Georgenkirchstr. 4. Dort betrieb Julius Preuss auch seine Werkstatt, die dem Ehepaar einen guten Lebensstandard ermöglichte. Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten hatte auch er zunehmend unter dem Boykott jüdischer Geschäftsleute zu leiden. 1940 wurde ihm die Gewerbeerlaubnis entzogen und er musste Zwangsarbeit leisten. Seine „arische“ Ehefrau Gisela starb im Mai 1942 an Unterleibskrebs. Durch ihren Tod war Julius Preuss nun nicht mehr vor der Deportation geschützt. Als am 27. August 1942 die Gestapo zu ihm kam, flüchtete er vor der Verhaftung und lebte bis zum Kriegsende illegal in der Stadt. Er starb 1971 in Berlin.


Sein Schwager Kurt Schwarz (*1895 in Berlin), der 1940 Julius Preuss' Schwester Emma, verwitwete Blond, geheiratet hatte, wurde nach Auschwitz deportiert und dort am 22. Februar 1943 ermordet. Vor seinem letzten Wohnort Georgenkirchstr. 5 gibt es bereits Stolpersteine für seine Frau Emma Schwarz und deren Söhne Georg, Reinhard und Harry Blond, die alle ermordet wurden.

 

Die Stolpersteine wurden von einem Angehörigen initiiert.

 

Recherchen & biografische Zusammenstellung:

Christiana Hoppe, Stolperstein-Initiative Friedrichshain-Kreuzberg

 

Stolpersteine, deren Verlegung von Angehörigen oder Nachfahren von Opfern des Nationalsozialismus initiiert wird, finanziert seit 2017 das Bezirksamt. Dieses Vorgehen hat die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg mit einem Beschluss (DS/0417-15/V) bekräftigt.

 

Stolpersteinverlegungen in Friedrichshain-Kreuzberg

Donnerstag, 16. Februar 2023 I ab 13 Uhr

In Friedrichshain-Kreuzberg wurden im Februar neun Stolpersteine an fünf Orten verlegt.

Um 13:00 Uhr wurden in der Georgenkirchstraße 10-11 zwei Stolpersteine für Lea Ramras und Dora Ramras verlegt.  
Bis zu ihrer Deportation lebten Lea Ramras und ihre Tochter Dora in der Georgenkirchstr. 62. Dieses Gebäude existiert nicht mehr, die Adresse entspricht der heutigen Anschrift Nr. 10-11.
Lea Müller kam 1895 in Oleszyce in Galizien (damals zu Österreich-Ungarn gehörig) in einer jüdischen Familie zur Welt. Ihre Familie zog ca. 1915 nach Berlin.  Lea Müller heiratete 1919 den ebenfalls aus Galizien stammenden jüdischen Moritz Moses Ramras (*1897). Er war als Kaufmann tätig. Das Ehepaar wohnte seit 1920 in der Georgenkirchstraße. Ihre Tochter Dora kam im April 1921 zur Welt. Ab etwa 1930 lebten Mutter und Tochter dann allein – ob Moritz Moses Ramras gestorben war oder das Ehepaar sich getrennt hatte, ist ungewiss. Lea Ramras und Dora Ramras wurden am 26. Oktober 1942 mit dem sogenannten „22. Osttransport“ nach Riga deportiert. Beide wurden gleich nach ihrer Ankunft in Riga am 29. Oktober 1942 ermordet.

Die Patin für die Stolpersteine für Lea Ramras und Dora Ramras ist eine Angehörige.

 

In der Gärtnerstraße 12 wurde 13:35 Uhr mit der Verlegung von drei Stolpersteinen an Moritz Rabow, Betty Rabow und Hulda Salinger erinnert.
Moritz Rabow kam 1876 in Karthaus (damalige Provinz Westpreußen) als Sohn eines jüdischen Bäckermeisters zur Welt. Er absolvierte am Technikum Ilmenau in Thüringen ein Ingenieurstudium. 1911 heirateten er und Betty Herrmann (*1886 in Berent, damalige Provinz Westpreußen) in Berlin.  Ab 1912 lebte das Ehepaar im ersten Stock des Hauses Gärtnerstr. 12. Betty Rabow arbeitete als Kontoristin.
Seit Ende der 1930er Jahre wohnte beim Ehepaar Rabow die verwitwete Hulda Salinger (geb. Krutsch) zur Untermiete. Sie wurde 1869 in Neustadt bei Pinne in der damaligen Provinz Posen geboren. In Berlin betrieb sie bis Mitte der 1930er Jahre in der Köpenicker Str. 123 eine Posamentierwarenhandlung und verkaufte z.B. Spitzen, Schmuckbänder, Kordeln und bezogene Knöpfe.
Moritz und Betty Rabow wurden am 28. März 1942 mit dem sogenannten „11. Osttransport“ nach Piaski deportiert, wo sich ihre Spur verliert. In Piaski war seit Anfang 1940 ein Ghetto, in das Mehrere tausende Juden aus dem Deutschen Reich verschleppt wurden. Wer im Ghetto nicht an Hunger, Entkräftung oder Krankheiten starb, wurde in eines der Vernichtungslager deportiert und ermordet.
Hulda Salinger befand sich zuletzt im Pflegeheim der Jüdischen Gemeinde im Wedding. Sie wurde am 16. Juni 1943 mit dem sogenannten „91. Alterstransport“ ins KZ Theresienstadt verschleppt, wo sie am 20. November 1943 ermordet wurde.

Die Stolpersteine für Moritz Rabow, Betty Rabow und Hulda Salinger wurden von engagierten Anwohnenden initiiert.

 

Mit der Verlegung eines Stolpersteines 14:20 Uhr in der Schleiermacherstraße 20 wurde an Emil Hirschfeldt gedacht.
Emil Hirschfeldt wurde 1873 in Pyritz in der damaligen Provinz Pommern geboren. Er entstammte einer jüdischen Familie. Unbekannt ist, welchen Beruf er ergriff und wann er nach Berlin zog. Bis 1924 war Emil Hirschfeldt bei der Victoria-Versicherung in Berlin angestellt.
In der Schleiermacherstraße wohnte Emil Hirschfeldt mindestens seit 1932. Das damalige Haus existiert nicht mehr. Im Januar 1941 musste Emil Hirschfeldt seine bisherige Wohnung aufgrund von Repressionen durch die Nationalsozialisten verlassen und zur Untermiete in eine Wohnung am Halleschen Ufer 58 ziehen. Das Gebäude existiert ebenfalls nicht mehr. In dieser Wohnung lebten außer ihm noch sieben weitere Erwachsene.
Der 68-jährige Emil Hirschfeldt wurde am 19. Januar 1942 mit dem sogenannten „9. Osttransport“ vom Berliner Bahnhof Grunewald in das Ghetto Riga deportiert und kam dort zu einem unbekannten Zeitpunkt ums Leben.

Der Stolperstein für Emil Hirschfeldt wurde von einer engagierten Anwohnerin initiiert.


Zur Erinnerung an Dr. Kurt Machol und Abel Machol wurden 14:40 Uhr in der Yorckstraße 88 zwei Stolpersteine verlegt.  
Kurt Machol kam 1904 in Hemer (Westfalen) als Sohn eines jüdischen Arztes zur Welt. Er zog mit seiner Familie 1917 nach Niederschönhausen, das damals noch vor den Toren Berlins lag. Kurt Machol studierte Jura, promovierte 1928 an der Universität Breslau und ließ sich als Rechtsanwalt in Berlin nieder.
Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten erhielt Dr. Kurt Machol im April 1933 ein Vertretungsverbot, wurde aber auf Antrag zunächst wieder zugelassen. Nach dem allgemeinen Berufsverbot für „jüdischstämmige“ Rechtsanwälte 1938 wurde Kurt Machol als sogenannter ‚Konsulent‘ zugelassen und durfte nur noch jüdische Klienten beraten und vertreten.
Im Oktober 1936 heiratete er und Editha Tuch (* 1909 in Obornik, damalige Provinz Posen) und sie zogen in die Yorckstraße 88. Für Editha Machol gibt es dort bereits einen Stolperstein. Das Ehepaar trat aus der jüdischen Gemeinde aus und ließ sich im September 1940 evangelisch taufen. Im Dezember 1940 kam ihr Sohn Abel Stephan zur Welt.
Doch auch der Übertritt zum Christentum schützte die Familie nicht: Kurt, Editha und Abel Machol wurden am 26. September 1942 mit dem sogenannten „20. Osttransport“ nach Raasiku bei Tallinn verschleppt und mit hunderten anderen Deportierten in einer Grube in Kalevi-Liivi erschossen.

Der Pate für die Stolpersteine für Dr. Kurt Machol und Abel Machol ist ein Angehöriger.
 

Ein Stolperstein in der Zossener Straße 45 wurde mit der Verlegung 15:05 Uhr an Dr. Salomon Lazarus erinnern.
Salomon Lazarus kam 1858 in Rogasen (damalige Provinz Posen) zur Welt. Er studierte an der Universität Gießen Medizin und zog wahrscheinlich Ende der 1880er Jahre nach Berlin. Dr. Salomon Lazarus praktizierte und wohnte seit 1890 in der Zossener Str. 45. Auch er war von der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 betroffen. 1936 wurde ihm die Approbation entzogen. Er musste seine Arztpraxis schließen und zog in die Barbarossastr. 52 in Schöneberg. Dort wohnte er zusammen mit seinem Bruder. Dr. Salomon Lazarus wurde am 31. August 1942 mit dem sogenannten „53. Alterstransport“ nach Theresienstadt deportiert. Die Lebensbedingungen im Ghetto überstand der 83-Jährige nur wenige Tage. Er kam dort am 8. September 1942 ums Leben.

Der Stolperstein für Dr. Salomon Lazarus wurde von einer engagierten Anwohnerin initiiert.

 

Stolpersteine, deren Verlegung von Angehörigen oder Nachfahren von Opfern des Nationalsozialismus initiiert wird, finanziert seit 2017 das Bezirksamt. Dieses Vorgehen hat die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg mit einem Beschluss (DS/0417-15/V) bekräftigt.


Recherchen & biografische Zusammenstellung: Christiana Hoppe, Stolperstein-Initiative Friedrichshain-Kreuzberg

 

Medienkontakt
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Telefon: (030) 90298-2843

 

Bilder: Rhea Bolz © FHXB Museum

 

Verlegung von neuen Stolpersteinen in Friedrichshain-Kreuzberg

Donnerstag, 8. September 2022 I ab 10 Uhr

Route
 

10:05 Uhr wurden in der Geibelstraße 2 drei Stolpersteine für Arthur Hartmann, Fanni Hartmann und Albert Hartmann verlegt. 

Arthur Hartmann kam 1887 in Chemnitz zur Welt. Er wurde Kaufmann und zog nach dem Ende des Ersten Weltkriegs nach Berlin. 1921 heirateten er und Fanny Joachimsthal, geb. 1892 in Boitzenburg (Uckermark), die als Verkäuferin arbeitete. Beide gehörten der jüdischen Religionsgemeinschaft an. 1925 kam ihr Sohn Albert zur Welt. Die Familie lebte zu der Zeit in der Tempelherrenstr. 3, um 1935 zogen sie in die Geibelstr. 2. Albert Hartmann wurde 1932 in die 217. Volksschule in der Wilmsstraße 10 (heute Bürgermeister-Herz-Grundschule) eingeschult.
Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 war auch die Familie Hartmann von Diskriminierung, sozialer Ausgrenzung, dem Entzug staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben betroffen. Arthur, Fanny und der 15-jährige Albert Hartmann wurden am 17. November 1941 mit dem sogenannten „6. Osttransport“ nach Kowno (Kaunas) deportiert. Nach 4 Tagen kamen sie in der heute zweitgrößten Stadt Litauens an. Das Fort IX, ein Teil der alten Befestigungsanlage von Kaunas, war eine Exekutionsstätte der SS, in der zehntausende Juden aus dem Ghetto Kaunas und deportierte Juden aus dem Deutschen Reich ermordet wurden. Arthur, Fanny und Albert Hartmann wurden dort am 25. November 1941 erschossen.

Die Stolpersteine für die Familie Hartmann wurden von Angehörigen initiiert. 


In der Skalitzer Straße 6 wurde 10:40 Uhr mit der Verlegung von drei Stolpersteinen an Justus Cohn, Bella Cohn und Manfred Cohn gedacht.

Justus Cohn kam 1897 in Danzig zur Welt. Er erlernte den Beruf des Kaufmanns und nahm am Ersten Weltkrieg teil. Anfang der 1920er Jahre zog er nach Berlin. 1925 heirateten er und Bella Geczynski, geb. 1899. Sie war als Friseurin tätig und brachte Sohn Manfred (geb. 1920) mit in die Ehe. Die Familie gehörte der jüdischen Religionsgemeinschaft an.
Seit etwa 1933 wohnten die Cohns in der Skalitzer Str. 12. Das Haus steht heute nicht mehr und befand sich an der Stelle der heutigen Hausnummer 6. Bella Cohn verdiente den Lebensunterhalt der Familie, da ihr Mann häufig krank war.
Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 durfte Bella Cohn nur noch jüdische Kunden bedienen und arbeitete nun in ihrer Wohnung. Sohn Manfred ging im Juli 1939 als landwirtschaftlicher Praktikant in ein Hachschara-Lager südöstlich von Berlin, um sich auf eine Auswanderung nach Palästina vorzubereiten. Doch die Auswanderung gelang ihm nicht mehr, stattdessen musste er Zwangsarbeit leisten, zuletzt in einem Forsteinsatzlager in der Nähe von Frankfurt (Oder). Er wurde am 2. April 1942 von Berlin mit dem sogenannten „12. Osttransport“ in das Warschauer Ghetto verschleppt, wo sich seine Spur verliert.
Justus und Bella Cohn wurden am 17. März 1943 mit dem sogenannten „4. großen Alterstransport“ ins Konzentrationslager Theresienstadt und von dort am 19. Oktober 1944 ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Bella Cohn wurde wahrscheinlich sofort nach der Ankunft ermordet. Ihr Ehemann wurde am 27. Oktober von Auschwitz nach Kaufering, einem Außenlager des KZ Dachau, verschleppt und musste dort schwere Zwangsarbeit leisten. Justus Cohn kam am 15. März 1945 im Konzentrationslager Dachau ums Leben.

Die Stolpersteine wurden von zwei engagierten Berlinerinnen finanziert


Mit der Verlegung von Stolpersteinen wurde 11:30 Uhr in der Pauline-Staegemann-Straße 1 an Leonhard Loeffler, Johanna Loeffler und Marion Loeffler gedacht. 

Leonhard Loeffler kam 1906 in Bromberg (heute Bydgoszcz in Polen) zur Welt und übersiedelte mit seiner Familie 1920 nach Berlin. Er absolvierte eine kaufmännische Lehre bei einer Konfektionsfirma, bei der er anschließend noch bis Mitte der 1920er Jahre tätig war. Danach arbeitete er für eine Zigarrenfabrik, ab etwa 1932 als Vertreter einer Nähmaschinenfabrik. 1933 heirateten Leonhard Loeffler und Johanna Panke, geb. 1908 in Berlin. Sie arbeitete als Lageristin. Beide gehörten der jüdischen Religionsgemeinschaft an. Seit ca. 1934 lebten sie in der Georgenkirchstr. 53. Das Haus steht heute nicht mehr und der Teil der Georgenkirchstraße ist nun die Pauline-Staegemann-Straße. Im selben Haus wohnten auch Johannas Eltern und ihre Geschwister, für die bereits Stolpersteine verlegt wurden. 1937 kam Leonhards und Johannas Tochter Marion zur Welt.
Von der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 war auch die Familie Loeffler unmittelbar betroffen. Zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben veränderten ihr Leben drastisch.
Die Nähmaschinenfabrik, für die Leonhard Loeffler tätig war, wurde 1939 als sogenanntes „jüdisches Unternehmen“ liquidiert. Er wurde später als Kohlenträger zwangsverpflichtet. Seine Frau kümmerte sich um die Tochter und den Haushalt.
Leonhard, Johanna und die 5-jährige Marion Loeffler wurden am 9. Dezember 1942 mit dem sogenannten „24. Osttransport“ ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert und ermordet.

Diese Stolpersteine wurden mit Spenden finanziert und von einem Nachfahren eines Freundes der Familie initiiert. 

 

In der Barnimstraße 32 wurde 11:55 Uhr mit Stolpersteinen an Max Freystadt und Rosa Freystadt, Paul Loschinski und Regina Loschinski sowie Bruno Thal und Ruth Thal gedacht. 

Der Schneider Max Freystadt (*1866) und Rosa Brasch (*1871) haben 1897 geheiratet. Das Ehepaar hatte drei Söhne, von denen einer im Ersten Weltkrieg fiel. Seit 1914 lebte die jüdische Familie in der Barnimstr. 32. Die Freystadts betrieben dort eine Werkstatt für Damenkonfektion, die sie im Zuge von Diskriminierung und Entrechtung 1938 schließen mussten. Max und Rosa Freystadt wurden am 19. August 1942 ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert, wo beide im März 1943 starben. Die beiden Söhne waren in den 1930er Jahren aus Deutschland ausgewandert.

Die Stolpersteine für Max und Rosa Freystadt wurden von einer engagierten Anwohnerin initiiert.

Der Kaufmann Paul Loschinski (*1878) und Regina Kirschbaum (*1890) heirateten 1913. Das Ehepaar lebte in Schokken, in der damaligen preußischen Provinz Posen gelegen. Dort wurde 1914 die Tochter Herta geboren. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs zogen die Loschinskis nach Berlin, wo die zweite Tochter Ruth (*1922) zur Welt kam. Die jüdische Familie lebte seit 1934 in der Barnimstr. 32. Regina Loschinski starb 1941 an Krebs. Tochter Ruth arbeitete als Krankenschwester im Jüdischen Krankenhaus. Sie heiratete im Januar 1942 Bruno Thal (*1917). Paul Loschinski, seine Tochter Ruth Thal und deren Ehemann Bruno Thal wurden am 16. Juni 1943 ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Paul Loschinski starb dort am 5. Mai 1944. Bruno Thal wurde am 29. September 1944, Ruth Thal am 12. Oktober 1944 von Theresienstadt ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert und dort ermordet. 
Die Tochter Herta tauchte mit ihrem Ehemann Ernst Goldstein und der 1938 geborenen Tochter Evelin unter. Ernst Goldstein wurde jedoch im Juni 1943 verhaftet, ins Konzentrationslager Auschwitz verschleppt und ermordet. Herta und Evelin Goldstein überlebten in der Illegalität und wanderten 1950 in die USA aus.

Die Patin für die Stolpersteine für Paul und Regina Loschinski, Bruno und Ruth Thal ist eine Angehörige. 

 

Zur Erinnerung an Herbert Schwersenz, Rosa Schwersenz, Günther Schwersenz und Eva Kindermann wurden 12:00 Uhr am Platz der Vereinten Nationen/ Ecke Weydemeyerstraße Stolpersteine verlegt. 

Der Uhrmacher Herbert Schwersenz (*1904 in Mlynietz, damalige Provinz Westpreußen) und seine Ehefrau Rosa, geb. Kirsch (*1905 in Freystadt, damalige Provinz Westpreußen), wohnten seit 1934 in der Lichtenberger Str. 9 in Friedrichshain. Die Straße verlief damals zwischen der Palisadenstraße und der Landsberger Straße, der jetzigen Landsberger Allee. Die einstige Hausnummer Nr. 9 liegt heute am Platz der Vereinten Nationen / Ecke Weydemeyerstraße. 
Das jüdische Ehepaar hatte keine eigenen Kinder und nahm zwei Pflegekinder auf: Eva Kindermann (*1937) und Günther Schwersenz (*1934). Ob Günther mit seinen Pflegeeltern verwandt war, ist nicht bekannt. 1941 musste das Ehepaar Schwersenz die Wohnung in der Lichtenberger Str. 9 aufgeben und zog mit den Pflegekindern zu Herberts Vater in dessen Kellerwohnung in der Friedrichsberger Str. 12. Herbert Schwersenz musste Zwangsarbeit in einer Fabrik für Feinmechanik, Optik und Mikroskopebau leisten. Sein 70-jähriger Vater war bei der Straßenreinigung zwangsverpflichtet. Seit Mitte Mai 1942 wohnte das Ehepaar Schwersenz mit den Kindern Eva und Günther dann im Haus Strausberger Str. 24.
Günther Schwersenz wurde am 29. November 1942 mit dem sogenannten „23. Osttransport“ ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert und ermordet. Herbert und Rosa Schwersenz wurden mit der 5-jährigen Eva am 12. Januar 1943 mit dem sogenannten „26. Osttransport“ ins Konzentrationslager Auschwitz verschleppt und ermordet. Warum der 8-jährige Günther zu einem früheren Zeitpunkt und ohne seine Pflegeeltern deportiert wurde, ist nicht bekannt.

Die Stolpersteine für Herbert und Rosa Schwersenz wurden von einer engagierten Anwohnerin initiiert. Die Stolpersteine für Günther Schwersenz und Eva Kindermann wurden durch Spenden finanziert. 


Ein Stolperstein an der Südwestecke der Kreuzung Platz der Vereinten Nationen, 13:20 Uhr wurde an Jacob Coper erinnern. 

Jacob Coper kam 1878 in Tuchel (damalige preußische Provinz Westpreußen) zur Welt. Er wurde Schlachter, zog circa 1895 nach Berlin. Hier eröffnete er etwa 1906 in der Weinstraße eine eigene Fleischerei. Ein Jahr später heirateten er und Bertha Goldschmidt, die ebenfalls 1878 in Tuchel geboren wurde. Beide gehörten der jüdischen Religionsgemeinschaft an. 1908 kam die Tochter Margarete zur Welt.
Die Familie zog 1912 in die Landsberger Str. 112. Diese Anschrift existiert heute so nicht mehr. Das damalige Haus befand sich an der heutigen Südwestecke der Kreuzung Platz der Vereinten Nationen. Im Parterre betrieb Jacob Coper seine koschere Fleischerei, die Wohnung der Familie lag sich im zweiten Stock. Die Fleischerei war ein gutgehendes Geschäft, das der Familie einen guten Lebensstandard ermöglichte.
Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten wurde mit dem am 1. Mai 1933 in Kraft tretenden „Gesetz über das Schlachten von Tieren“ das rituelle jüdische Schächten ohne vorherige Betäubung des Tieres unzulässig. Zuwiderhandlungen wurden bestraft. Die Einnahmen von Jacob Copers Fleischerei gingen erheblich zurück. In der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde das Geschäft völlig zertrümmert. Tochter Margarete wanderte 1939 nach Trinidad aus. Jacobs Frau Bertha starb am 11. Oktober 1942. Zuletzt war Jacob Coper zur Zwangsarbeit als Hilfsschlosser verpflichtet. Er wurde am 12. Januar 1943 mit dem sogenannten „26. Osttransport“ ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert und ermordet.

Die Patin des Stolpersteins ist eine Angehörige. 


Recherchen & biografische Zusammenstellung: Christiana Hoppe, Stolperstein-Initiative Friedrichshain-Kreuzberg

Fotos: FHXB Museum
 

Verlegung von 28 neuen Stolpersteinen in Friedrichshain-Kreuzberg

Montag, 4. April 2022 I ab 11:55 Uhr; Mittwoch, 6. April 2022 I ab 9:00 Uhr

Am Montag, 4. April und am Mittwoch, 6. April 2022 wurden in Friedrichshain-Kreuzberg 28 Stolpersteine verlegt.

 

Montag, 4. April 2022 – 13 Stolpersteine

Route
 

In der Kopernikusstraße 5 wurde um 11:55 Uhr mit einem Stolperstein an Alfred Zitrin erinnert.

Alfred Zitrin kam am 26. September 1905 in Berlin zur Welt und wuchs bei Pflegeeltern auf. Er absolvierte eine Uhrmacherlehre. Am 17. August 1932 heiratete er in Berlin-Charlottenburg die Hausangestellte Martha Müller, geb. 1907 in Rathenow. Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden und Jüdinnen seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen Alfred Zitrin. Durch seine Heirat mit der nichtjüdischen Martha Müller blieb er zunächst vor einer Deportation bewahrt, musste jedoch Zwangsarbeit bei der Reichsbahn leisten. Das Ehepaar lebte zuletzt in der Kopernikusstraße 5. Im Rahmen der sogenannten "Fabrikaktion" im Februar 1943 wurde Alfred Zitrin von der Gestapo verhaftet und in das Arbeitserziehungslager Großbeeren bei Berlin verschleppt. Aufgrund mangelhafter Ernährung, durch Misshandlung, Erschöpfung oder infolge unmenschlicher Zwangsarbeit fanden dort mindestens 1.197 Gefangene den Tod, darunter war auch Alfred Zitrin. Er kam am 9. April 1943 im Alter von 37 Jahren ums Leben. Alfred Zitrin wurde in Großbeeren begraben, nach dem Krieg auf Antrag seiner Witwe exhumiert und im April 1947 auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee beigesetzt.

Der Stolperstein für Alfred Zitrin wurde von einem engagierten Nachbarn initiiert.

 

12:20 Uhr wurde an der Südostecke vom Annemirl-Bauer-Platz (ehemals Simplonstr. 77) ein Stolperstein für Alfred Braun verlegt.

Alfred Braun wurde am 31. Dezember 1905 in Schleusenau, einem Vorort der Stadt Bromberg (heute Bydgoszcz in Polen) geboren. Seine Eltern gehörten der jüdischen Religionsgemeinschaft an. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde Bromberg nach dem Friedensvertrag von Versailles an Polen abgetreten. Die Familie Braun verließ die Stadt und ließ sich in der kleinen Stadt Krojanke, etwa 70 km westlich von Bromberg gelegen, nieder. Alfred Braun wurde Kaufmann und hielt sich zeitweise in Krojanke, zeitweise in Berlin auf, wo er zur Untermiete wohnte. Im Mai 1939 lebte er bei dem Ehepaar Pieper in der Simplonstraße 77 in Friedrichshain. Dieses Haus existiert nicht mehr, es befand sich an der Südostecke des heutigen Annemirl-Bauer-Platzes. Alfred Braun wurde am 29. Oktober 1941 vom Bahnhof Grunewald mit dem sogenannten „3. Osttransport“ in das Ghetto Lodz deportiert. Die Lebensbedingungen im Ghetto waren unmenschlich: Die Bewohner mussten Zwangsarbeit leisten, litten an Unterernährung, starben an Krankheiten oder erfroren im Winter. Die engen und unzureichenden Wohnverhältnisse sowie die schlechte hygienische Situation trugen ebenfalls zur hohen Sterberate bei. Alfred Braun kam dort am 7. November 1942 im Alter von 36 Jahren ums Leben.

Der Stolperstein für Alfred Braun wurde von einer Angehörigen initiiert.


Mit der Verlegung von Stolpersteinen wurde 13:00 Uhr in der Taborstraße 11 an Eduard Zeiner und Betty Zeiner erinnert.

Eduard Zeiner kam 1869 in Jungbunzlau (damals Habsburgerreich, heute in Tschechien) zur Welt. Er ergriff den Beruf des Kaufmanns und übersiedelte um 1900 nach Berlin. Er heiratete 1903 Betty Friedmann, geb. 1872 in Stallupönen (damals Ostpreußen, heute in Russland). Das Ehepaar Zeiner wohnte zunächst im Prenzlauer Berg. 1909 zogen sie in das Haus Taborstraße 11, wo sie über 30 Jahre wohnten. Sie betrieben ein Herrenmoden-Geschäft in der Wrangelstraße 42. Betty und Eduard Zeiner wurden wegen ihrer jüdischen Religionszugehörigkeit am 3. Oktober 1942 mit dem sogenannten „3. großen Alterstransport“ nach Theresienstadt deportiert. Die unsäglichen Lebensbedingungen im Ghetto überstand Eduard Zeiner keine vier Wochen: Er starb am 29. Oktober 1942 im Alter von 73 Jahren. Betty Zeiner kam am 8. Februar 1943 ums Leben. Sie starb an einer im Ghetto grassierenden Darmerkrankung, die eine Folge der katastrophalen hygienischen Bedingungen, vollkommen unzureichender Wohnverhältnisse und der Unterernährung war.

Der Stolperstein für Alfred Zitrin wurde von einer engagierten Nachbarin initiiert.

 

In der Manteuffelstraße 21 wurde 13:30 Uhr mit einem Stolperstein Joseph Abraham gedacht.  

Joseph Abraham kam 1884 in Posen zur Welt. Er erlernte den Beruf des Tapezierers und heiratete Helene Breslauer, geb. um 1881. Es ist nicht bekannt, ob das Ehepaar Kinder hatte. Nachdem Posen nach dem Ende des Ersten Weltkriegs aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags an Polen abgetreten wurde, übersiedelte Joseph Abraham nach Berlin. Seit 1921 wohnte das Ehepaar im Prenzlauer Berg. Helene Abraham starb 1928 im Alter von 47 Jahren.
Joseph Abraham heiratete 1929 Rosa Kiwi, geb. 1896 in Obersitzko (Provinz Posen). Um 1934 zog das Ehepaar in die Manteuffelstraße 21. Für Rosa Abraham gibt es dort bereits einen Stolperstein. Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen das jüdische Ehepaar Abraham. 1939 mussten die Abrahams ihre Wohnung in der Manteuffelstraße 21 verlassen und in ein Zimmer zur Untermiete in der Köpenicker Straße 25a ziehen. Joseph Abraham musste Zwangsarbeit als Polsterer in einer Matratzenfabrik leisten. Seine Frau Rosa Abraham war bei Siemens & Halske in Charlottenburg zwangsverpflichtet. Joseph Abraham wurde am 3. März 1943 mit dem sogenannten „33. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert. Seine Frau Rosa Abraham wurde bereits zwei Tage vorher dorthin verschleppt. Beide wurden vermutlich unmittelbar nach der Ankunft in einer der Gaskammern des Lagers ermordet.

Die Patin für den Stolperstein für Joseph Abraham ist eine engagierte Nachbarin.


13:55 Uhr wurde in der Naunynstraße 69 ein Stolperstein zur Erinnerung an Paul Kitt verlegt.

Der Tischler Paul Kitt, geb. 1885 in Berlin, wohnte mit seiner Frau Martha und zwei Söhnen (geb. 1925 und 1927) seit 1934 in der Naunynstraße 69. Paul Kitt hatte sich 1930 als Bibelforscher – seit 1931 Zeugen Jehovas genannt – taufen lassen. Im Juni 1933 wurden die Zeugen Jehovas wegen ihrer Widerständigkeit von den Nazis verboten. Paul Kitt übte seine Religion und die Missionsarbeit fortan illegal aus. Am 13. November 1936 wurden er und weitere Zeugen Jehovas von der Gestapo verhaftet. Er kam in das KZ Sachsenhausen, wo er schwere Zwangsarbeit leisten musste. Am 27. April 1937 wurde Paul Kitt vom Landgericht Berlin wegen seiner Zugehörigkeit zu den Zeugen Jehovas zu 9 Monaten Gefängnis verurteilt, die er im Gefängnis Plötzensee verbüßte. Nach dem Ende seiner Haft wurde er allerdings nicht entlassen, sondern – wie viele andere Regimegegner – in sogenannter „Schutzhaft“ behalten. Paul Kitt wurde zunächst in das KZ Sachsenhausen überstellt, von dort am 29. August 1940 in das KZ Dachau und am 23. Januar 1941 in das KZ Hamburg-Neuengamme verschleppt. Dort kam Paul Kitt am 12. Februar 1942 im Alter von 57 Jahren ums Leben. Geschwächt durch schwere Zwangsarbeit, mangelhafte Ernährung, schlechte hygienische Bedingungen und unzureichende Kleidung verstarb er nach mehr als 5 Jahren in Haft. Das Urteil des Landgerichts Berlin gegen Paul Kitt wurde 1951 auf Antrag seiner Witwe postum aufgehoben.

Die Patin des Stolpersteines für Paul Kitt ist eine Angehörige.

 

Für Ida Pariser und Johanna Pariser wurden 14:15 Uhr in der Naunynstraße 51 zwei Stolpersteine verlegt.  

Ida Pariser kam 1872, ihre Schwester Johanna 1878 in Gnesen in der damaligen preußischen Provinz Posen zur Welt. Die Familie übersiedelte Mitte der 1880er Jahre nach Berlin. Nach dem Tod der Eltern zogen Ida und Johanna Pariser um 1911 nach Charlottenburg. Johanna Pariser arbeitete als Expedientin, sie war also für das Kassen- und Rechnungswesen sowie für die Aktenverwaltung einer Institution zuständig. Ida Pariser führte vermutlich den Haushalt. Seit 1936 wohnten die Schwestern in der Naunynstraße 51. Als Jüdinnen wurden Ida und Johanna Pariser am 1. November 1941 vom Bahnhof Grunewald mit dem sogenannten „4. Osttransport“ in das Ghetto Lodz deportiert. Die Lebensbedingungen dort waren unmenschlich. Ida Pariser kam am 24. August 1942 ums Leben. Johanna Pariser wurde am 10. September 1942 in das Vernichtungslager Kulmhof verschleppt und ermordet. Zwei weitere Schwestern von Ida und Johanna Pariser wurden ebenfalls in der Shoah ermordet.
Eine engagierte Nachbarin initiierte die Stolpersteine für Ida und Johanna Pariser.


Ein Stolperstein in der Bergfriedstraße 6, 14:45 Uhr wurde an Ilse Kohn erinnern.

Ilse Kohn wurde 1901 als Tochter des Kaufmanns Isidor Kohn und dessen Ehefrau Elise, geb. Wohl, geboren. Die jüdische Familie lebte im damaligen Westpreußen und übersiedelte um 1920 nach Berlin. Ilse Kohn arbeitete als Hausangestellte, als Verkäuferin sowie in der Landwirtschaft. Am 26. Mai 1933 brachte sie ihre Tochter Gisela zur Welt und lebte mit ihr bei ihren Eltern in der damaligen Fürstenstraße 15 (heute Bergfriedstraße 6). In den späten 1930er Jahren war Ilse Kohn als Wäscherin im Jüdischen Krankenhaus Berlin beschäftigt. Im März 1939 wurde sie von der Gestapo wegen sogenannter „Rassenschande“ verhaftet und im Juni 1939 in das KZ Ravensbrück verschleppt, wo sie schwere Zwangsarbeit in einem Steinbruch verrichten musste. Ilses Vater versuchte sie freizubekommen. Nach vielen Bemühungen gelang es der Jüdischen Gemeinde Berlin Ilse Kohn eine Stellung als Hausangestellte in England zu beschaffen. Sie wurde daraufhin Anfang Juli 1939 aus dem KZ entlassen und wanderte einige Tage später nach England aus. Ihre Tochter Gisela konnte sie nicht mitnehmen, diese blieb bei Ilses Kohns Eltern. Isidor, Elise und Gisela Kohn wurden nach Theresienstadt bzw. Auschwitz deportiert und ermordet. Für sie gibt es bereits Stolpersteine.
Ilse, seit 1952 verheiratete Dawidow, ist 1987 in England gestorben. Sie ist über die Ermordung ihrer Tochter, ihrer Eltern und ihre eigenen Erlebnisse im KZ Ravensbrück nie hinweggekommen.

Die Paten des Stolpersteins für Ilse Kohn sind engagierte Kreuzberger*innen


In Erinnerung an Ewald Coper, Minna Coper, Heinz Coper und Ruth Coper wurden um 15:10 Uhr am Fraenkelufer 40 (ehemals Thielschufer) Stolpersteine verlegt.

Der Kaufmann Ewald Coper war 1892 und seine Frau Minna, geb. Zadek, 1901 in Crone a.d. Brahe in der damaligen preußischen Provinz Posen zur Welt gekommen. Das jüdische Ehepaar zog Anfang der 1920er Jahre nach Elbing, südöstlich von Danzig und nahe der Ostseeküste gelegen, wo 1920 Sohn Heinz und 1923 Tochter Ruth geboren wurde. Die Familie Coper verließ 1933 wegen zunehmenden Antisemitismus die Stadt und zog nach Berlin und wohnte am Kottbusser Ufer 61 (heute Fraenkelufer 40.) Die Familienmitglieder wurden am 27. Februar 1943 Opfer der sogenannten „Fabrikaktion“. Dabei wurden Juden und Jüdinnen, die bis dahin der Deportation entgangen waren, weil sie in kriegswichtigen Betrieben zwangsbeschäftigt waren, verhaftet und deportiert.
Ewald, Minna, Heinz und Ruth Coper wurden am 3. März 1943 mit dem sogenannten „33. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Die Stolpersteine für Ewald Coper, Minna Coper, Heinz Coper und Ruth Coper wurden von mehreren engagierten Nachbar:innen initiiert.

 


Mittwoch, 6. April 2022 – 15 Stolpersteine

Route

 

Mit der Verlegung eines Stolpersteines wurde um 9:00 Uhr in der Wilhelmstraße 15 an Edith Birnbaum gedacht.

Edith Birnbaum kam am 23. Januar 1900 in Charlottenburg zur Welt. Nach der Trennung ihrer Eltern 1903 lebte sie bei ihrer Mutter.
Edith Birnbaum bezog um 1930 eine eigene Wohnung in der Wilhelmstraße 138 in Kreuzberg. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie als Sekretärin und Stenotypistin. Seit etwa 1934 wohnte sie in der Wilhelmstraße 15. Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden und Jüdinnen seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen Edith Birnbaum, da sie Jüdin war. Edith Birnbaum versuchte wahrscheinlich an ihrem 42. Geburtstag Selbstmord zu begehen und starb am 24. Januar 1942 im Jüdischen Krankenhaus Berlin an einer Schlafmittelvergiftung. Ihre Mutter wohnte zuletzt in Charlottenburg zur Untermiete. Sie wurde am 17. August 1942 nach Theresienstadt deportiert, dort kam sie am 27. Oktober 1942 ums Leben.
Der Stolperstein für Edith Birnbaum hat eine Angehörige initiiert.


In der Großbeerenstraße 5 wurde 9:25 Uhr der Stolperstein für Carl Jachmann, der beschädigt wurde, ersetzt. Die Biografie von Carl Jachmann ist veröffentlicht auf https://www.stolpersteine-berlin.de/de/biografie/1913


An Max Hanff, Alma Hanff, Gustav Hanff und Dolly Hanff erinnern in der Alten Jakobstraße (gegenüber der Einmündung Franz-Künstler-Straße), 9:55 Uhr vier Stolpersteine.     

Gustav Hanff kam 1887, sein Bruder Max 1888 in Zielenzig in der damaligen Provinz Brandenburg, etwa 40 km östlich von Frankfurt (Oder), zur Welt. Um 1902 übersiedelte die Familie Hanff nach Berlin. Gustav und Max Hanff absolvierten eine kaufmännische Ausbildung. Alma Abbe kam 1893, ihre Schwester Dolly 1894 in Kempen in der damaligen preußischen Provinz Posen zur Welt. Um 1911 übersiedelte die Familie Abbe nach Berlin. Der Vater führte in der Lindenstraße 29 ein Uhren- und Goldwarengeschäft, in dem auch die Töchter arbeiteten. 1921 heirateten Max Hanff und Alma Abbe und 1922 wurde ihr Sohn Siegfried geboren. Dolly Abbe und Gustav Hanff heirateten 1923. Um 1932 zogen die Hanffs in die Hollmannstraße 26. Diese Straße existiert nicht mehr, sie verlief zwischen der Linden- und der Alexandrinenstraße. Das Haus Nr. 26 stand einst dort, wo sich heute das Gelände des Jüdischen Museums Berlin befindet. Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden und Jüdinnen seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die jüdische Familie Hanff. Siegfried Hanff wanderte Anfang 1939 nach Palästina aus. Max Hanff verstarb im März 1940. Gustav Hanff musste bei Blaupunkt in der Köpenicker Straße, Dolly bei AEG in Oberschöneweide, Alma bei einer Gärtnerei in Rudow Zwangsarbeit leisten. Sie wurden am 26. Februar 1943 mit dem sogenannten „30. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Die Stolpersteine für Max Hanff, Alma Hanff, Gustav Hanff und Dolly Hanff wurden auf Initiative einer Angehörigen verlegt.


An Theodor Weiss wurde mit der Verlegung eines Stolpersteines um 10:30 Uhr in der Oranienstraße 129 (Ostecke Alexandrinenstraße) erinnert.

Theodor Weiss kam 1874 in Berlin als Sohn jüdischer Eltern zur Welt. Er wuchs bei Pflegeeltern auf und wurde evangelisch erzogen. Als Jugendlicher schloss er sich einer Gruppe von Artisten an, später war er Fabrikarbeiter, Humorist, Verwandlungskünstler und Gelegenheitsarbeiter. 1901 heiratete er, aus der Ehe gingen drei Kinder hervor. Ab 1916 lebte Theodor Weiss von seiner Frau getrennt, die Ehe wurde 1929 geschieden. Theodor Weiss nahm am Ersten Weltkrieg teil. 1924 ging er eine Beziehung mit Klara Schröter ein, aus der drei Kinder hervorgingen. Mitte der 1930er Jahre wohnten sie in der Oranienstraße 129 in Kreuzberg (das Haus existiert nicht mehr). Durch den Erlass der „Nürnberger Gesetze“ 1935 wurden Beziehungen zwischen Juden und Nichtjuden verboten. Da Klara Schröter sogenannte „Arierin“ war, wurde Theodor Weiss im Oktober 1936 verhaftet und im Februar 1937 wegen sogenannter „Rassenschande“ zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt. Er wurde nach dem Ende seiner Haft in das KZ Dachau überstellt und erst Ende September 1938 entlassen. Im August 1941 wurde Theodor Weiss erneut festgenommen und im November 1941 nach Buchenwald überstellt. Im Januar 1942 wurde er zu einer Strafe von 18 Monaten Gefängnis verurteilt. Theodor Weiss wurde am 6. Januar 1943 aus der Haft entlassen und nach Auschwitz deportiert, wo er am 30. Januar 1943 ermordet wurde.

Die Patin für den Stolperstein für Theodor Weiss ist eine Angehörige.

 

Um 10:55 Uhr wurde für Walter Owitz am Erkelenzdamm 11-13 ein Stolperstein verlegt.

Walter Owitz kam 1922 in Berlin zur Welt. Die Familie wohnte in der Alexandrinenstraße 37. Sein Vater betrieb eine Toilettenartikel-Fabrikation und handelte mit Kamm- und Bürstenwaren. Um 1936 zog die Familie in das Haus Elisabethufer 28-29 (heute Erkelenzdamm 11-13). Nach der Schule absolvierte Walter Owitz eine Lehre als Schlosser. Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden und Jüdinnen seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die jüdische Familie Owitz. Die Firma des Vaters wurde 1939 als jüdisches Unternehmen liquidiert. Wahrscheinlich um ihre Familie zu schützen, trat die konvertierte Mutter 1939 wieder aus der jüdischen Gemeinde aus. Walter galt trotzdem rechtlich als Jude, da er im jüdischen Glauben erzogen war. Zuletzt bewohnte Walter Owitz mit seinen Eltern in der Hauptstraße 76 in Friedenau zwei Zimmer zur Untermiete. Er war zur Zwangsarbeit als Schlosser und Elektriker in der Spinnstofffabrik Zehlendorf verpflichtet. Walter Owitz wurde am 31. Juli 1942 mit dem sogenannten „34. Alterstransport“ nach Theresienstadt deportiert. Am 23. Januar 1943 wurde er von dort nach Auschwitz verschleppt und ermordet. Sein Vater und seine Mutter erlebten das Kriegsende in Berlin.

Der Stolperstein für Walter Owitz wurde von einem engagierten Nachbarn initiiert.


Mit fünf Stolpersteinen wurden in der Skalitzer Straße 141a , 11:25 Uhr Max Jacobson, Charlotte Jacobson, Hans Jacobson, Rudolf Jacobson und Dolly Mölke bedacht.

Im Haus in der Skalitzer Straße 141a war der letzte Wohnort der jüdischen Familie Jacobson. Max Jacobson kam 1879 in Danzig zur Welt. Er siedelte nach Berlin über, studierte Architektur und arbeitete als Architekt. Er heiratete 1908 Charlotte Wotyzky, geb. 1888 in Berlin. Das Paar bekam drei Kinder: Rudolf (geb. 1908), Hans (geb. 1910) und Dolly (geb. 1911). Rudolf absolvierte eine Lehre als Elektriker und Kinovorführer, Hans als Grafiker und Buchdrucker. Dolly Jacobson, die Tänzerin war, heiratete 1934 den „Nicht-Juden“ Werner Mölke. Das Paar trennte sich bald wieder, ließ sich aber nicht scheiden. Dadurch war Dolly Mölke vor der Deportation geschützt. Max Jacobson wurde am 13. Juni 1938 von der Gestapo verhaftet und in das KZ Sachsenhausen verschleppt. Am 3. September 1940 wurde er in das KZ Dachau deportiert, wo er am 4. Januar 1941 ermordet wurde. Charlotte Jacobson wurde am 12. Januar 1943 nach Auschwitz verschleppt und ermordet. Danach tauchte ihr Sohn Rudolf unter, beschaffte sich falsche Papiere und lebte und arbeitete als „Arier“ in Berlin. Bei einer Kontrolle wurde er am 17. August 1944 verhaftet und am 6. September 1944 nach Auschwitz deportiert. Von dort wurde er am 19.11.1944 in ein Außenlager des KZ Buchenwald verschleppt. Er erlebte die Befreiung des Lagers. Hans Jacobson wurde am 7. Dezember 1943 nach Auschwitz deportiert, wo er am 2. Februar 1944 ermordet wurde. Rudolf Jacobson und Dolly Mölke wanderten nach dem Krieg in die USA aus.

Die Stolpersteine für Max Jacobson, Charlotte Jacobson, Hans Jacobson, Rudolf Jacobson und Dolly Mölke wurden auf Initiative eines Angehörigen verlegt.

 

Am Kottbusser Damm 5, 12:00 Uhr wurden für Selma Fichtmüller und Elli Blau Stolpersteine verlegt.  

Selma Blau wurde 1874, ihre Schwester Elli 1881 in Berlin geboren.
Selma heiratete 1898 den Kaufmann Julius Fichtmüller. Zwei Söhne kamen 1899 und 1900 zur Welt und starben im Alter von wenigen Monaten. Das Ehepaar trennte sich und Selma zog zurück zu ihren Eltern in die Stallschreiberstraße 58.
Seit 1914 lebten Selma Fichtmüller und Elli Blau im Haus Kottbusser Damm 5. Beide Frauen waren berufstätig: Selma verdiente ihren Lebensunterhalt als Buchhalterin, Elli war Prokuristin. Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden und Jüdinnen seit 1933 begannen Zwangsmaßnahmen. Um sich einer drohenden Deportation zu entziehen, entschlossen sich die Schwestern zum Selbstmord: Sie wurden am 5. September 1942 in ihrer Wohnung tot aufgefunden. Selma Fichtmüller und Elli Blau wurden auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee beigesetzt.

Die Patin für die beiden Stolpersteine für Selma Fichtmüller und Elli Blau ist eine Angehörige.


Recherchen und biografische Zusammenstellung: Christiana Hoppe, Stolperstein-Initiative Friedrichshain-Kreuzberg, bearbeitet von der Geschäftsstelle Gedenktafelkommission Friedrichshain-Kreuzberg.

Fotos: Astrid Schiemann / FHXB Museum

Verlegung von 6 neuen Stolpersteinen in Friedrichshain-Kreuzberg

Dienstag, 5. Oktober 2021

Am Dienstag, 5. Oktober 2021 wurden weitere sechs Stolpersteine in Friedrichshain-Kreuzberg verlegt.

In der Prinzenstraße 86 wurde mit vier Stolpersteinen an Benno, Erna, Ella und Eva Herschberg erinnert.
Benno Herschberg kam 1891 in Wieluń (Russland) zur Welt. Er erlernte den Beruf des Kürschners und heiratete in Berlin 1918 Erna Neumark, geb. 1894 in Tarnów (Polen). Das Ehepaar bekam zwei Töchter: Ella, geb. 1920, und Eva, geb. 1927 in Berlin. Die Familie bewohnte eine großzügige Wohnung in der Prinzenstraße 86 und führte dort eine Kürschnerwerkstatt mit einigen Angestellten.
Am 28. Oktober 1938 wurde die Familie Herschberg im Rahmen der sogenannten „Polenaktion“ aufgrund ihrer polnischen Staatsangehörigkeit verhaftet und nach Polen ausgewiesen, wo sie zunächst in der damaligen Grenzstadt Bentschen (Zbąszyń) strandeten. Von dort gingen sie zu den Großeltern in den 50 km südwestlich von Lodz gelegenen Ort Zduńska Wola. 1940 musste die Familie dort in ein sogenanntes „Judenwohnviertel“ übersiedeln, welches ab 1941 ein geschlossenes Ghetto war.

Ab 1940 musste die ganze Familie Zwangsarbeit leisten.
Das Ghetto Zduńska Wola wurde am 22. August 1942 liquidiert. Die Eltern Benno und Erna Herschberg wurden in das Vernichtungslager Chelmno deportiert und ermordet. Die Töchter Ella und Eva wurden in das Ghetto Lodz verschleppt, wo sie weiterhin Zwangsarbeit leisten mussten. Am 22. August 1944 wurden Ella und Eva Herschberg nach Auschwitz und nach wenigen Wochen weiter in das Zwangsarbeiterlager Bremen deportiert. Dort mussten sie bei Abrissarbeiten von bombardierten Häusern helfen. Als das Lager Anfang April 1945 liquidiert wurde, kamen sie nach Bergen-Belsen, wo Ella und Eva Herschberg am 15. April 1945 durch die britische Armee befreit wurden.
Beide wanderten nach dem Krieg nach Israel aus.
Die Stolpersteine für Benno, Erna, Ella und Eva Herschberg wurden von einem Angehörigen initiiert.


In der Pintschstraße 7 wurde zur Erinnerung an Lina Günther ein Stolperstein verlegt.

Lina Jakobus kam 1879 in Nichorz, etwa 130 km südwestlich von Danzig gelegen, zur Welt. Sie heiratete 1903 in Berlin den Uhrmacher Paul Günther, 1904 wurde die Tochter Meta geboren. Die Ehe mit Paul Günther wurde 1926 geschieden. Lina Günther verdiente seit 1917 ihren Lebensunterhalt mit einer Plätterei. Tochter Meta blieb bis zu ihrer Hochzeit 1927 bei der Mutter. 1933 zog Lina Günther in die Pintschstraße 8 (heute Nr. 7) und bewohnte dort im ersten Stock des Vorderhauses eine Stube und Küche. Als Jüdin wurde sie zur Zwangsarbeit in der Wäscherei der Firma Spindler in Berlin-Spindlersfeld verpflichtet. Lina Günther wurde am 27. Februar 1943 Opfer der sogenannten „Fabrikaktion“. Dabei wurden Juden und Jüdinnen, die bis dahin der Deportation entgangen waren, weil sie in kriegswichtigen Betrieben zwangsbeschäftigt waren, verhaftet und deportiert. Lina Günther wurde am 3. März 1943 nach Auschwitz deportiert und vermutlich direkt nach der Ankunft ermordet. Ihre Tochter Meta Günther überlebte die Shoah, da sie mit einem sogenannten „Arier“ verheiratet war.
 

Mit der Verlegung eines Stolpersteines in der Pintschstr. 15 wurde an Johanna Marnitz gedacht.

Johanna Katzky wurde 1870 in Berlin geboren. Sie heiratete 1897 Paul Marnitz, geb. 1873 in Berlin, der als Buchhalter arbeitete. Das Ehepaar lebte ab 1912 in der Pintschstraße 15 in einer Wohnung in der 3. Etage. Im Erdgeschoss betrieben sie eine Zigarrenhandlung. Von 1912 bis 1919 war Paul Marnitz auch Eigentümer dieses Hauses, er starb 1928. Johanna Marnitz führte das Zigarrengeschäft bis 1934 weiter, ab 1935 war sie Rentnerin.
Johanna Marnitz wurde am 13. Januar 1942 wegen ihrer jüdischen Abstammung mit dem sogenannten „8. Osttransport“ nach Riga deportiert und ermordet.

Die Stolpersteine für Lina Günther und Johanna Marnitz hat eine engagierte Anwohnerin initiiert.

Stolpersteine, deren Verlegung von Angehörigen oder Nachfahren von Opfern des Nationalsozialismus initiiert wird, finanziert seit 2017 das Bezirksamt. Dieses Vorgehen hat die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg mit einem Beschluss (DS/0417-15/V) bekräftigt.

Recherchen und biografische Zusammenstellung: Christiana Hoppe
Bearbeitet von der Geschäftsstelle Gedenktafelkommission Friedrichshain-Kreuzberg.